28.10.06

HOK Lesen: Suchen und Finden: Anleitung zum Recherchieren

Martin Meyer von der Universitätsbibliothek Freiburg weist mich auf ein Buch mit dem Titel "The Information-Literate Historian" hin, soeben erschienen in der Oxford University Press. Er wünscht sich eine deutsche Übersetzung. Bis dahin kann, wer will, sich mit der soeben erschienenen Buchversion von Geschichte Online an der Universität Wien behelfen (siehe unten "Literatur").
Die interessierte Leserin/der interessierte Leser kann sich auch an den Blog-Eintrag zu Informationskompetenz oder jenen zu den geschichtswissenschaftlichen Orientierungshilfen halten.

Literatur:
  • Presnell, Jenny L.: The Information-Literate Historian. A Guide to Research for History Students, New York, Oxford: Oxford University Press 2006.
  • Eder, Franz X.; Berger, Heinrich; Casutt-Schneeberger, Julia; Tantner, Anton (Hg.): Geschichte Online. Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten, Wien: Böhlau (UTB) 2006.
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24.10.06

HOK Lesen: Suchen und Finden: RSS und Bloglines

Schon seit längerem wollte ich RSS im Blog thematisieren, da ich es für ein wichtiges Werkzeug bei der Bewältigung der Informationsflusses halte. Ich fand es bislang aber zu kompliziert für eine kurze und dennoch verständliche Beschreibung: Schlagzeilen von Website-Änderungen, die man abonnieren kann? So ähnlich. Wer es genau wissen will, halte sich an Wikipedia oder einen der Artikel, die am Ende der Einführung "Was ist RSS?" bei RSS-Verzeichnis.de verlinkt sind.
Jedenfalls kann man auch von Blogs RSS-Feeds abonnieren, um sich über die neusten Einträge einfach informieren zu lassen (so auch von diesem Blog, siehe in der Spalte rechts). Erkennbar sind RSS-Feeds auch an folgendem Symbol, das auf immer mehr Websites zu finden ist.Für die Darstellung von RSS-Feeds sind gesonderte Programme nötig, ausser man nutzt Thunderbird als Mail-Programm, Safari als Browser oder hat in Firefox ein passendes Plugin namens Sage installiert. Der neue Internet Explorer 7 soll auch RSS lesen und verwalten können, aber das habe ich noch nicht ausprobiert.

Man kann aber auch RSS-Feeds im Web erfassen, betrachten und verwalten: zum Beispiel bei Bloglines.com. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man die Feeds von jedem Rechner aus abrufen und bearbeiten kann, man kann die eigenen Feeds auch dem geneigten Publikum zur Verfügung stellen, zum Beispiel so: Bloglines.com/public/janhodel.

Das Interessante an RSS ist aber nicht nur, dass man sich einfach auf dem Laufenden halten kann. Es ist auch möglich, die Feeds in seiner eigenen Website einzubinden (wie ich dies mit dem RSS-Feeds von diesem Blog auf der Homepage von hist.net gemacht habe). Dabei können auch verschiedene RSS-Feeds kombiniert werden (das habe ich jedoch noch nicht geschafft).

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Aus der Welt der Wikis: DRSWiki - kollaborativ Radio-Geschichte schreiben

Das Schweizer Radio (bzw. die Schweizerische Rundfunkanstalt) DRS hat im letzten Jahr ein interessantes Projekt gestartet: ein Wiki, das die Geschichte des Schweizer Radios darstellen soll. Mitarbeiten kann, wer will (und sich registriert - es gelten also mehr oder minder die gleichen Regeln wie bei wiki.hist.net).

Eine erste, vorläufige Zwischenbilanz: das Projekt wirkt noch sehr unvollständig, nur wenige Leute arbeiten mit, und folglich gibt es nur wenige neue Artikel und Überarbeitungen bestehender Artikel. Und doch: es wird kontinuierlich an diesem Wiki gearbeitet.

Es scheint nicht so einfach, mit Wikis grössere Projekte durchzuführen; Wikipedia ist wohl eher die Ausnahme, was den Schneelawinen-Effekt der Mitarbeit angeht. An einem Enzyklopädie-Projekt können (und wollen) mehr Leute mitwirken, weil ihr Interesse grösser ist (und die Wahrscheinlichkeit, dass sie etwas beizutragen haben). Zudem ist das Format klar (was und wie soll ich schreiben) und die Mitwirkungshürde bei Wikipedia (anonymes Beitragen ist möglich) niedrig.

Ich bin gespannt, wie sich dieses Radio-Wiki-Projekt entwickelt und zu welcher Form historischer Darstellung es führt.

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Aus der Welt der Blogs: Geschichtsblogs

Habe ich tatsächlich mal behauptet, es gäbe kaum Blogs im Bereich Geschichte? Nun, ist ja auch schon ein paar Monate her; also eine (ICT-)Ewigkeit. Denn bei AcademicBlogs (ein Wiki... aber nicht Wikipedia) gibt es ein Verzeichnis von Geschichts-Blogs. Ich schätze mal, es führt ungefähr hundert Einträge. Die meisten sind englisch, es gibt aber auch den einen oder anderen französischen oder finnischen. Deutsche habe ich bislang nicht gesichtet. Schon nur die Namen (mehr habe ich vorerst nicht gesichtet) lassen schon eine ziemliche Bandbreite vermuten: Unpopular Historian, Spinning Clio, Cliopatra (schon im Artikel von Sabine Büttner erwähnt), History on Trial oder auch It Makes A Difference To The Sheep...

Immerhin hatte mich im Februar schon Herr Fischer (einer der wenigen, die bislang auf meinen Blog gelinkt haben) auf den Artikel "Were There Blog Enough And Time" (von Cliopatra-Gründer und "Blogmeister" Ralph Luke vom Mai 2005) hingewiesen. Darin werden einige der in oben genannter Liste aufgeführten Blogs erwähnt. Luke lässt aber auch Tim Burke zu Wort kommen, der fünf Gründe nennt, warum er als Historiker bloggt:
  • Because I want to introduce some unexpected influences and ideas into my intellectual and academic work. (...)
  • Because I want a place to publish small writings, odd writings, leftover writings, lazy speculations, half-formed hypotheses. (...)
  • Because I want to find out how much of my scholarly work is usefully translatable into a wider public conversation. (...)
  • Because I want to model for myself and others how we should all behave within an idealized democratic public sphere. (...)
  • Because I'm a compulsive loudmouth.
Das kann ich alles unterschreiben, auch wenn mein Hang zum Understatement mir verbietet, mich als compulsive loudmouth zu bezeichnen; quite a loudmouth müsste da reichen. Selbstironie ist eine zentrale Voraussetzung für das Führen eines Blogs, wie mir scheint - neben Lust zur Selbstdarstellung, of course.

Literatur

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23.10.06

HOK Reden: Wozu HOK? Ein Zwischenstand.

Anlässlich meines Besuchs und Referats am Georg-Eckert-Instituts habe ich wieder einmal versucht, mir den Sinn und Zweck der Historischen Online-Kompetenz zu vergegenwärtigen.

Verbindung von Medien- und Fachperspektive
Im wesentlichen geht es um eine fachdidaktische, aber auch fachwissenschaftliche Konkretisierung der vielbesagten Medienkompetenz, die durch die digitalisierte Mediengesellschaft erfordert wird. Was heisst denn "kompetent mit Medien umgehen können" in der Praxis der Geschichtswissenschaften und der Geschichtsvermittlung? Dabei ging ich davon aus, dass "die Medien" (ich sage dazu ICT: (digitale) Informations- und Kommunikationstechnologien) weder das Zentrum der Überlegungen (wozu naturgemäss die Medienpädagogik und die Medienwissenschaften neigen) bilden, noch einfach als Werkzeuge verstanden werden (wie dies die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken gerne tun).

Bezeichnung von Kompetenz-Dimensionen
Um eine Passung dieser unterschiedlichen Sichtweisen zu ermöglichen, beschränkte ich mich auf die Basis-Kompetenzen jedes wissenschaftlichen Vorgehens: die Analyse, die Synthese und die wissenschaftliche Reflexion. Dabei wollte ich Kompetenz-Dimensionen bilden, welche sowohl die fachlichen als auch die technisch-instrumentellen Methoden umfassten, die für die Nutzung von ICT benötigt werden.

Bei einer Internet-Recherche sind einerseits technische Fähigkeiten des "Bedienens" erforderlich, genauso aber Kenntnisse davon, wie Suchmaschinen funktionieren, wie Suchabfragen formuliert werden müssen, wie Suchergebnisse bewertet und organisiert werden sollen. Daran schliesst sich schliesslich die eigentiche inhaltliche Analyse der gefundenen Informationen an.

Aus diesem Grund wählte ich zur Bezeichnung der Kompetenz-Dimensionen die allgemeineren Begriffe "Lesen", "Schreiben" und "Reden", da sie in verständlicher Weise die Bereiche der jeweiligen Dimensionen umschrieben. Ich setzte sie bewusst in Anführungszeichen, denn es ging mir nicht um das Aufnehmen und Erstellen von Texten und auch nicht um Kommunikationsakte. Dennoch sehe ich mich mit dem Umstand konfrontiert, dass diese Bezeichnung nicht sehr trennscharf sind und oft im Sinne von "Lesekompetenz" verstanden werden, wo es um die Aufnahme von Informationen aus schriftlichen Texten geht. Die Dimensionen sind jedoch breiter angelegt, sie sind eher als "Er-fassen" (statt "Lesen") und "Ver-fassen" (statt "Schreiben") zu verstehen; sie betreffen nicht nur Texte, sondern alle medialen Formen der Information. Wie genau verstehe ich diese Kompetenz-Dimensionen?

"Lesen"
Die Dimension "Lesen" der Historischen Online-Kompetenz umfasst neben der Entnahme von Information aus Informationsträgern unterschiedlicher medialer Ausprägung (also Texte, Bilder, Filme, Töne, sowie Medienverbünden) und damit zusammenhängend der Fähigkeit, diese Quellen auf ihre medienspezifischen Eigenheiten und ihre Authentizität hin bewerten zu können, auch medienkundliches Wissen (sozioökonomischer Kontext, Urheberrecht, technische Grundlagen) sowie die Fähigkeiten, die ICT für Auffinden und Ablage von Informationen nutzen zu können (Orientierung, Arbeitstechniken). Hier findet ein Zusammenzug ehemals getrennter Fähigkeiten statt: Das Auffinden von Büchern in einer Bibliothek war nocht klarer getrennt von der Analyse-Tätigkeit beim Lesen des Buches, als dies heute bei Recherchen im Internet der Fall ist.

"Schreiben"
"Schreiben" umfasst einerseits die gestalterischen Tätigkeiten zur Herstellung von Darstellungen in Informationsträgern verschiedener medialer Ausprägungen: also das Verfassen von Text, das Produzieren von Podcasts oder von Filmen, die Konzeption und Umsetzung von Websites oder Computer-Games. Diese Kompetenz-Dimension umfasst aber auch die Kenntnis der spezifischen Eigenheiten der jeweiligen Darstellungsmedien, bzw. deren Auswirkungen auf die Darstellung historischer Sachverhalte. Narrationen sind nicht medienneutral. Und Narrationen werden - selbst in den Wissenschaften - je länger je weniger in schriftliche Texte verpackt. Die Darstellung von Geschichte in Form von hypertextuellen oder multimedialen Präsentationen wird zunehmen. Und zu wissen, wie man mit der DigiCam ein Video dreht und auf YouTube hochlädt, reicht für den kompetenten Umgang mit Geschichte, bzw. mit Geschichtsschreibung nicht aus. Aber auch die Darstellung historischer Sachverhalte mit Texten wird im Zeitalter der modularen Hypertexte und des kollaborativen Schreibens neuartige Kompetenzen erfordern.

"Reden"
Die Dimension "Reden" umfasst einerseits jene Kompetenzen, über die Auswirkungen, Chancen und Risiken nachzudenken, welche die Nutzung von ICT für Geschichtswissenschaften und Geschichtsvermittlung bedeuten. Andererseits geht es um die Möglichkeiten, welche ICT für die geschichtswissenschaftliche Reflexion eröffnen. Dazu gehören der wissenschaftliche Diskurs ebenso wie die wissenschaftlichen Arbeitsschritte der Fragestellung, der Hypothesenbildung und der Hypothesenüberprüfung.

Verbindung zwischen den Dimensionen
Mir ist es ein besonders Anliegen, bei der Frage der Bedeutung von ICT für die Geschichte nicht nur die Dimension "Lesen" in den Blick zu nehmen, sondern auch die anderen Dimensionen zu beachten. Dabei interessiert mich auch, wie diese Kompetenz-Dimensionen miteinander verbunden sind. Denn mir scheint, dass die ICT auch zu einer stärkeren Konvergenz der Dimensionen beitragen; dass sich also die Vorgänge des Analysierens, Synthetisierens und Reflektierens einander immer stärker durchdringen: dass Analyseprozesse frühzeitig kommuniziert und zum Gegenstand von Austausch und Reflexion werden; dass Reflexionsprozesse festgehalten und veröffentlicht und zum Gegenstand von Analysen werden können; dass Synthesen deutlicher als bisher die Anteile der analytischen Prozesse sichtbar machen. Dies könnte auch dazu führen, dass einerseits der konstruktivistische Charakter der Geschichtsschreibung, aber auch die Wissenschaftlichkeit der angewandten Methoden deutlicher erkennbar werden.

Wie der Blog insgesamt bildet dieser kurze Abriss nur einen Zwischenstand des Denkprozesses rund um die Historische Online-Kompetenz ab (die eben nicht "historisch", sondern sehr aktuell ist; also korrekter, aber auch umständlicher als "geschichtswissenschaftliche/geschichtsdidaktische Online-Kompetenz verstanden werden möchte). Wenn ich weitere Einsichten in Aussicht stelle, ist dies also nicht zu viel versprochen.

Übersicht: HOK Reden

HOK Reden (In eigener Sache): Erwähnung in GWU

Nun hat es dieser Blog auch in die Welt des Prints geschafft. Sabine Büttner schreibt in der Rubrik "Information Neue Medien" in der neusten Ausgabe von Geschichte in Wissenschaft und Unterricht über die "Blogosphäre", bzw. die Spuren, die die Geschichtswissenschaften darin bislang hinterlassen hat - oder auch nicht. So wird mein Blog hier als "Pionierversuch" bezeichnet, in dem die geneigten Leser/innen vor allem Folgendes finden können:
... essayistische Stellungnahmen, Kommentare und Hinweise, die als "lautes Denken" über Einsatzmöglichkeiten der Neuen Medien in der Geschichtswissenschaft informieren und vor allem einen Dialog anregen wollen.
Dem bleibt nicht mehr hinzufügen als die Adressen der anderen erwähnten Blogs:
Diese Links ausführlicher zu kommentieren und zu bewerten, soll späteren Einträgen vorbehalten sein.

Literatur
  • Büttner, Sabine: "Eintritt in die Blogosphäre", in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 2006, Nr. 9, S. 540-541.
Übersicht: HOK Reden, Aus der Welt der Blogs

22.10.06

HOK Reden: Kompetenz-Entwicklung dank Computerspielen

Ich erinnere mich an eine Karikatur von Gary Larson, die ich vor etwa 20 Jahren mal gesehen habe. Darauf war ein Junge im Primarschulalter zu sehen, vertieft ins Spiel mit einem Gameboy (damals noch piepsig und pixelig). Dahinter die selig strahlenden Eltern, deren Zuversicht auf eine rosige Zukunft für ihren Jungen mit Ausschnitten von Stelleninseraten illustriert wurden, in denen nach einem "Gameboy Senior Consultant" oder einem "Gameboy Expert - with at least 100 000 h game experience" usw. gesucht wurde.

Was damals ein amüsiertes Lächeln erzeugte (Gameboy spielen erschien mir humanistischem Zögling etwas dermassen Unnützes und Lebensfremdes) - holt mich nun in einer Meldung bei Heise ein: "Der Arbeitsmarkt in der Wissensgesellschaft verlangt die Fähigkeiten von Computerspielern". Darin heisst es unter anderem:
Computerspiele hätten, so der Bericht, viele Eigenschaften, die den Spielern "höhere Lernfähigkeiten" beibringen, wie sie in der modernen Arbeitswelt gebraucht werden. Genannt werden strategisches Denken, interpretierende Analyse, Problemlösung, Planformulierung und –ausführung oder Anpassung an schnellen Wechsel. Die Computerspielhersteller hätten instinktiv viele der "gemeinsamen Axiome lernender Wissenschaftler" eingebaut, um den Spielern zu ermöglichen, die für die erfolgreiche Bewältigung des Spiels erforderlichen Fähigkeiten zu erwerben. Zudem ließen sich mit Spielen praktische Fertigkeiten, das Treffen von komplexen Entscheidungen in schwierigen Situationen, der Zugang von Experten zu Problemen oder das Bilden von Teams trainieren.
Da möchte ich doch schier in kulturkritische Jammern ausbrechen und im anklagenden Ton fragen, ob denn das Buch nichts mehr gilt?? Die Unterweisung durch Menschen aus Fleisch und Blut??

Aber vielleicht sind solche Meldungen einfach Wasserscheiden. Indikatoren in langsamen Prozessen, die uns plötzlich vor Augen führen, dass der Wandel Formen angenommen und Ergebnisse gezeitigt hat, die wir uns vor gar nicht allzulanger Zeit nicht vorstellen konnten.

Ausserdem: Auch die Recherche nach einem Fachartikel oder bibliographischen Informationen hat zuweilen etwas von einem Computerspiel. Wer erinnert sich an die Szene im Trivial-Verschwörungs-Thriller "Sakrileg" von Dan Brown: da sucht Held Langdon am Computer nach Fachliteratur, die ihm helfen soll, das Komplott aufzudecken, die kryptischen Informationen zu entschlüsseln und die rätselhaften Hindernisse zu überwinden. Für diese Abfrage am Computer geht er - in eine Bibliothek. Na gut. In dieser Hinsicht ist wohl selbst Dan Brown etwas altmodisch. Aber die Bibliothek macht als Kulisse einfach etwas mehr her, als ein anonymes Büro oder ein unaufgeräumter Schreibtisch zuhause.

Übersicht: HOK Reden

21.10.06

Aus der Welt der Wikis: Wikipedia hören - bei SWR2

Nein, dies ist kein Hinweis auf eine gesprochene Version von Wikipedia. Auf die Hörbuch-Version für den MP3-Player oder das Autoradio warte ich noch. Aber während der Wartezeit kann man sich dieses interessante Feature des SWR2 anhören (Real-Audio-Stream), das sich unter anderem mit der Frage befasst, warum Wissenschaftler sich mit dem kollaborativ erstellten Online-Lexikon schwer tun. Wer lieber liest, kann auf das Transkript ausweichen. Und wer sich gerne historisch vergleichend betätigt: im Oktober 2004 war Wikipedia schon einmal ein Thema eines (kürzeren) Beitrags. Damals trug die Sendung den vorsichtig fragenden Titel "Lexikon der Zukunft?" 2006 lautete der Titel "Das Lexikon zum Selbermachen". 2004 umfasste Wikipedia 150'000 deutsche Einträge, heute sind es 482'000 - mehr als drei Mal so viele. Übrigens kommt nebst Wikipedia-Gründer Jimmy Wales nur noch Jakob Voss in beiden Features zu Wort. In diesen schnell-lebigen Zeiten fast schon eine Auszeichnung.

Übersicht: Aus der Welt der Wikis

HOK Lesen/Schreiben: Blogs in einer Geschichts-Lehrveranstaltung der Universität Wien

Am Institut für Geschichte der Universität Wien, das schon mit dem Online-Lehrgang zum (geschichts-)wissenschaftlichen Arbeiten "Geschichte Online" und dem preisgekrönten und eben bei H-Soz-Kult besprochenen Web-Projekt past.perfect sein Interesse an Internet-gestützter Lehre kundgetan und belegt hat, findet im laufenden Wintersemester die erste mir bekannte Lehrveranstaltung der Geschichtswissenschaften im deutschen Sprachraum statt, die mit Blogs arbeitet.

Die Studierenden sind angehalten, während des Semesters die Ergebnisse der Online-Phasen der Blended-Learning-Veranstaltung individuell in Blogs zu dokumentieren. Das Thema des Kurses lautet (etwas selbstreferentiell) "Neue Medien in der Geschichtswissenschaft", wobei in erster Linie das Internet mit seinen verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten gemeint ist.

Noch ist das Semester zu jung, um abschätzen zu können, inwiefern der Einsatz von Blogs zu neuen Erkenntnissen beitragen kann. Das inhaltliche Programm ist jedenfalls geeignet, Vergleiche zu anderen Kursen mit ähnlichen Inhalten zu ermöglichen. Besonders gespannt bin ich auf die Reflexionen zum Ende der Veranstaltung.

Übersicht HOK: Lesen/Schreiben

20.10.06

HOK Lesen - Suchen und Finden: Google-Gigantismus

Kaum hatte ich meine ersten Videos auf YouTube eingespielt, wurde das Unternehmen verkauft. Nun, da Google auch noch im Film-Geschäft eingestiegen ist (auch wenn auf YouTube zunächst einmal 30'000 vermutlich illegale Dateien entfernt werden müssen), greifen die Journalisten zu grossen Lettern bei den Schlagzeilen: "Google gigantisch" titelt die ARD, da das Suchmaschinenunternehmen neue Rekorde bei Umsatz und Gewinn vermeldet.

Übersicht: HOK Lesen: Suchen und Finden

HOK Reden: Rahmen-Theorien

Anlässlich einer Einladung ans Georg-Eckert-Institut Anfang dieser Woche kam mir der Begriff der "Rahmung" unter. Gerdien Jonker plant den Aufbau einer Website, die wissenschaftliche Forschungsergebnisse zum Alltag in islamischen Ländern für die Verwendung in der Schule aufbereiten soll. Hier stellte sich die Frage, wie als heikle empfundene Inhalte sinnvoll auf der Website präsentiert werden können und sollen. Sind gewisse Inhalte und Verweise (etwa zu "radikalen" Islamisten - aber eben: wer definiert hier "radikal"?) möglich, sinnvoll, erlaubt? Und (weniger inhaltlich aufgeladen), wie können und sollen Links zu verschiedenen medialen Formaten (Fernsehausschnitte, Tondateien, Bilder) behandelt, eingebettet, eben: "gerahmt" werden?

Mich faszinierte der Begriff des "Rahmen". Ein Wesenszug der neuen Informationstechnologien wie das Internet scheint mir ja, dass Rahmen gesprengt werden: gerade im schulischen Bereich. Früher gab es wohl die Möglichkeit (aber vielleicht ist das auch nur eine Rückprojektion?), den Rahmen des Unterrichts im klar umrissenen Setting des Schulzimmers zu kontrollieren. Aber auf einer Website? Zwei Klicks bzw. eine Google-Suche, und die Besucher/innen sind unter Umständen genau da gelandet, wo man sie nicht hinführen wollte.

Wenn die Lehrpersonen keinen Einfluss darauf mehr hat, wie die Inhalte zu den Schüler/innen kommen (wobei das gerade im Bereich der Geschichte ohnehin schon immer eine Illusion war), sollte sie vielleicht versuchen, darauf Einfluss zu nehmen, wie die Schüler/innen zu den Inhalten kommen. Mit anderen Worten: Kompetenzen fördern.

Worauf ist bei der Planung, Erstellung und Betrieb eines solchen Website-Projekt zu achten? Meine wesentlichen Erkenntnisse versuchte ich mit fünf Punkten zusammenzufassen:
  • Transparenz: Klarheit darüber schaffen, wie die Inhalte auf einer Website zustandegekommen sind: Was sind die erkenntnisleitenden Fragestellungen, die Interessen, die Methoden, der Kontext, die verwendeten Quellen? Das ist für Wissenschaftler wohl leicht einsehbar - auf Websites aber bei weitem noch nicht Standard.
  • Authentizität: Glaubwürdigkeit ist im vergleichsweise anonymen Umfeld des Internets ein wichtiges Kriterium, und diese speist sich bei der Zielgruppe Schüler/innen und Lehrpersonen vermutlich weniger aus der wissenschaftlichen Fundierung, als aus der Lebensnähe und Personalisierung der Informationen. Die Lebensnähe bezieht sich dabei sowohl auf die Seite des "Senders" (jene Personen, die über sich erzählen) als auch des "Empfängers" (Personen, die die Informationen aufnehmen).
  • De-Formalisierung: Ein Kunst-Wort, um den stärker informellen Charakter des Suchens, Aufnehmens und Verarbeitens von Informationen zum umschreiben. Nicht nur ist das Internet ein kaum strukturierter Fundus an unendliche vielen und vielfältig scheinenden Informationen: Das Internet (wie auch mobile Textnachrichten SMS) pflegt eine stärker an mündlicher Umgang orientierten Umgang mit Inhalten. Das gilt auch für die Kommunikation zwischen Personen.
  • Kompetenzen: Eine Website kann zwar keine Kompetenzen bei den Nutzer/innen herstellen ("bitte klicken Sie auf den nebenstehenden Button, um die selbstentpackende Medienkompetenz-Datei herunterzuladen") - sie kann diese Kompetenzen aber in Konzept und Konkretisierung berücksichtigen, diese benennen und offenlegen oder gar gezielt fördern und schulen (mit geeigneten Inhalten).
  • Werte: Die oben genannten vier Punkte basieren auf Werten, von denen wir nicht nur nicht mehr annehmen können, dass sie von allen Nutzer/innen geteilt werden, sondern von denen wir sogar annehmen müssen, dass sie nicht einmal mehr alle Nutzer/innen kennen. Folglich kommt dem Value Statement bei der Konzeption und bei der Ausführung besondere Bedeutung zu - gerade bei Websites, die sich mit strittigen Themen interkultureller Begegnung auseinandersetzen und "andere", "neutrale" oder "objektive" Inhalte präsentieren wollen.
Noch einmal zum Rahmen: Mich beschäftigte das offensichtliche Dilemma zwischen dem offen angelegten Medium Internet (mit dem Leitsatz "jeder kann machen was er will - und muss selber wissen, was er erträgt oder lieber vermeiden will") und dem verantwortungsorientierten System "Schule" (mit dem Leitsatz "wir müssen gerade stehen für die Dinge, die in unserer Institution passieren"). Da Lehrpersonen oft zum Schluss kommen, dass ihre Schüler/innen nicht verwantwortungsvoll zu handeln bereit oder fähig sind, bleibt nur der Griff zum Filter: ungewünschte Internet-Inhalte werden aus der Schule ausgeblockt. Sei es Rechtsextremismus, Gewaltverherrlichung, Porno: was dem Strafrecht oder dem Jugendschutz untersteht, mag für die Jugendlichen ausserhalb der Schule leicht erreichbar sein - in der Schule darf es das aber nicht, denn Ärger (im Minimum) wäre das vorprogrammiert.

So gesehen wundert mich auch die Neigung zu "geschützten" Lernmanagement-Umgebungen nicht, wie sie Beat Döbeli beschreibt (vgl. auch Stuff and Stir): hier lässt sich ein passwort-geschütztes, kontrolliertes virtuelles Ersatz-Klassenzimmer erstellen. Das löst zwar die Probleme der "unkontrollierbaren Inhalte" auf dem Netz nicht - schafft aber eine gewisse psychologische Sicherheit.

Übersicht: HOK Reden

6.10.06

HOK Schreiben: Praxis-Test in Ljubljana

Ich nutzte meinen verlängerten Wochenend-Ausflug nach Ljubljana, um einen Praxis-Text bezüglich meiner Historischen Online-Kompetenz durchzuführen.
  1. Ein geeignetes Projekt auswählen: Der Reiseführer (Lonely Planet, I admit) hob das National Museum of Contemporary History of Slovenia als Highlight hervor. Das wollte ich mir ansehen und dokumentieren.
  2. Daten erstellen: ich fotografierte und filmte mit einer kleinen Canon Ixus 50, die mir Film-Aufnahmen (samt Ton) in Kleinbild-Qualität erlaubte (aufgrund beschränkten Speicherplatzes auf meiner Speicherkarte nicht länger als zweimal eine Minute).
  3. Daten bearbeiten: Die Filmchen kamen als AVI-Dateien relativ schmerzlos auf meinen Rechner, mussten aber noch von über 100 MB grossen Dateien in kleinere MP4-Dateien umgewandelt werden. Das gelang mir mit meinem Quicktime-Player. (Die Fotos bearbeitete ich in iPhoto und speicherte sie in kleiner Auflösung ab).
  4. Bei YouTube galt es einen Account zu eröffnen und die Dateien hochzuladen. Das stellte sich als nicht allzu schwierig heraus (wenn man vom Formularkrieg inkl. Bestätigungsmail beim Eröffnen des Accounts einmal absieht) - hier ist der zweite Kurzfilm von mir bei YouTube. Freundlicherweise stellt YouTube gleich nach dem Hochladen den HTML-Code zur Verfügung, um das Filmchen in der Website (oder dem Blog) der eigenen Wahl zu veröffentlichen, bzw. einzubinden.
  5. Zu guter Letzt bleibt dann aber noch die Frage des Urheberrechts: Darf ich das überhaupt publizieren?
  6. Und schliesslich (selbstkritisch): wirklich top-historisch-online-kompetent wäre ja das Filmen und anschliessende Hochladen mittels Mobil-Telefon gewesen. Aber selbst das Bearbeiten der Dateien auf dem hoteleigenen Rechner traute ich mir nicht zu, bzw. schreckte davor zurück, mit den fremden Einstellungen des Rechners kämpfen zu müssen, darum wissend, dass der Euro-Zähler für unerbittlich läuft - denn kostenlos war die PC-Benutzung nicht. Aber es gab W-Lan im Hotel Emonec (Zwei-Sterne-Klasse für 70 € das Zimmer) und man konnte für 10 € einen Tag lang ein Laptop mieten. Immerhin. Aber so ernst wars mir dann doch nicht mit dem Praxis-Test.
Nun zu den Inhalten. Video 1:



Es handelt sich um einen Video-Schnappschuss einer sehr aufwändigen Tonbildschau (was für eine anrührend altmodische, aber noch immer sehr eindrückliche Technik) mit Bildern und Tönen zum Thema "Slowenien im 2. Weltkrieg". Zu sehen sind (oder wären) vor allem Partisanen, zum Teil als Gefallene im Schnee (erster Teil, mit Lichteffekten und Kriegsgeräuschen), aber auch in Gruppenfotos beim Essen oder einfach beim Warten (zweiter Teil, mit Volks- und Chormusik unterlegt). Präsentiert wurde das Ganze in einem 360 Rundum-Panorama von 11 Projektoren auf den Wänden oberhalb des hier unten zu sehenden, klassisch anmutenden Vitrinen-Arrangements.


Im Erdgeschoss war eine Sonderausstellung zu sehen, die anlässlich des 15-Jahr-Jubiläums der slowenischen Unabhängigkeit die Ereignisse des Jahres 1991 darstellte (Titel: United in Victory). In der Präsentation bekam diese Erinnerung eine stark kriegerische Note: überall waren Waffen zu sehen, eine riesige Stabs-Karte mit eingezeichneten Truppenbewegungen und Menschen in Uniformen. Das liegt aber vielleicht nicht nur daran, dass in der Erinnerung der Slowenen die Loslösung von Jugoslawien fast zu einem Blutvergiessen geführt hätte, sondern hat wohl auch damit zu tun, dass die Erringung der Unabhängigkeit vor allem eine parlamentarisch-diplomatische Leistung war, dass ausser Männern in Anzügen, die vor laufenden Kameras Schriftstücke unterschreiben, Hände schütteln oder bedeutungsvolle Worte in die Mikrofone sprechen, wenig Anschauliches zu bieten hatte. (Wobei anzufügen wäre, dass gerade der slowenische Verband der Polizei-Veteranen sich beschwerte, dass im begleitenden Film die Rolle der Polizei bei der Erringung und Sicherung der Unabhängigkeit zu wenig deutlich, ja unterschlagen werde).

Das Video zeigt in einem 60-Sekunden-Schnelldurchlauf durch die Ausstellung die Anfänge der Demokratisierung (erste zwei Räume), die Bedrohung durch Jugoslawien nach der beschlossenen Unabhängigkeit (mittlere Räume) und die Entwicklung der Symbole des unabhängigen Sloweniens (im Mittelpunkt der Text der Nationalhymne, letzter Raum).

Zur Einstimmung ist beim Eingang des Museums, dass sich in einem wunderschönen Stadtpark befindet, ein Panzer zu sehen (wie auf dem über dem Eingang hängenden Plakat, das die Sonderausstellung bewirbt). Die Kinder scheint das, wie so oft, nicht weiter zu beeindrucken, sie nutzen das Ding als Klettergerüst.


Übersicht: HOK Schreiben